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Demenz, Delir, Depression

Demenz „Die Gedächtnisleistung schwindet, das Gefühl bleibt“

Zu den heutigen größten Herausforderungen zählt die Betreuung und Begleitung von Menschen, die an Demenz und/oder einer psychischen Erkrankung leiden. Bis zu neunzig Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner bei uns im Heim sind davon betroffen. Seit über zwanzig Jahren bemühen wir uns Maßnahmen zu setzen, um ein fachliches und ressourcenorientiertes, gutes Begleiten zu ermöglichen.

Maßnahmen

  • Abklärung der Demenz bei Fachärztinnen bzw. Fachärzten oder auf der Gedächtnisambulanz
  • Bewertung und Einschätzung mittels Assessmentinstrumenten durch unsere Demenz Nurse Gabriele Astl, DGKP im Heim
  • Stressfreies Setting schaffen
  • Bedürfnisorientierte Betreuung
  • Auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr achten
  • Einzelvalidation und Gruppenvalidation
  • Ein gezieltes Aktivierungsprogramm je nach kognitiver Leistungsfähigkeit, um Fähigkeiten zu erhalten
  • möglichst viele soziale Kontakte
  • möglichst viel Außenaktivierung: vor dem Haus sitzen, spazieren gehen, Ausflüge …
  • Information und Aufklärung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, An- und Zugehörigen und Ehrenamtlichen
  • Gute Zusammenarbeit mit den Angehörigen
  • Biografiearbeit
  • Würdevolles, biografieorientiertes Erscheinungsbild unsere Bewohnerinnen und Bewohner
  • Biografieorientierte Umfeldgestaltung
  • individuelle nichtmedikamentöse Lösungen bei herausfordernden Problemen mit Demenz Nurse besprechen
  • medikamentöse Therapie durch Fachärztinnen und Fachärzte
  • Vorausschauende Planung: Vorsorgedialog

Anna Oberwalder DSOB/A

Website Empfehlung: LIV Koordinationsstelle Demenz (demenz-tirol.at)

Was ist Demenz?

Demenzerkrankungen sind erworbene, chronische und progressiv verlaufende Erkrankungen der Hirnleistung, die zur Beeinträchtigung multipler höherer Gehirnfunktionen führen.

Beeinträchtigt sind die Gedächtnisleistung, die Denkfunktionen, die Orientierungsfähigkeit, die Fähigkeit zu kalkulieren, die Lernkapazität, die Urteilsfähigkeit, die Sprach- und Kommunikationsfähigkeit sowie die Fähigkeiten zur Lösung von Alltagsproblemen.

Demenzformen

(Beispiele, es gibt unzählige mehr)

  • Demenz vom Typ Alzheimer (häufigste Form 65 %)
    • Generalisierte Erkrankung des Gehirns
    • Gedächtnisleistung betroffen
  • Frontotemporale Degeneration
    • Morbus Pick: Auffälliges, unsoziales Verhalten
    • Semantische Variante: Sprachstörungen (Wortfindung)
  • Demenz bei Parkinsonsyndrom
    • z. B. Lewy-Körperchen-Demenz: Parkinsonismus und Demenz
  • Vaskuläre Demenzen
    • z. B. Multi-Infarktdemenz
    • Gedächtnisstörung, Gangstörung, Apathie, Depression…
  • Alkoholdemenz
  • Infektiös-entzündliche Formen
  • Metabolisch-endokrinologisch
    • z. B. Schilddrüsenerkrankungen

Verhaltensstörungen bei Demenzerkrankungen

  • Apathie (keine emotionale Reaktion)
  • Depression/ Angst
  • Essgewohnheiten (hastiges Essen, nur Süßes, viel …)
  • Agitation (zwanghafter Bewegungsdrang)
  • Aggression
  • Gereiztheit/ Enthemmung/ Sexuell-inadäquates Verhalten
  • Schlaf-Wach-Rhythmus
  • Psychomotorische Unruhe (Hinlauftendenz)
  • Halluzinationen/ Wahn
  • Euphorie (selten)

Behandlung Demenz

Medikamentöse Behandlung: Antidementiva bei leicht- bis mittelgradiger Demenz

Das sind Medikamente, die die kognitiven Fähigkeiten, das heißt Gedächtnisfunktionen sowie Konzentrations-, Lern- und Denkfähigkeit verbessern können und die dadurch krankheitsbedingte Beeinträchtigungen sozialer Alltagsaktivitäten vermindern.

  • Donepezil (Aricept)
  • Galantamin (Reminyl)
  • Rivastigmin (Exelon)
  • Gingkobiloba (Cerebokan, Tebofortan)

Nichtmedikamentöse Behandlung bei auffälligem Verhalten

  • Jedes Verhalten hat eine Ursache!
  • Organische Ursachen suchen und behandeln (z. B. Infekte)
  • Grundbedürfnisse befriedigen: Hunger, Durst, Harndrang, natürlicher Bewegungsdrang, Müdigkeit, Langeweile …
  • Umweltfaktoren beachten:
    • Fehlen von Brille, Hörgerät
    • Wechselnde Pflegepersonen
    • Lärm, Wärme, Licht, Gerüche…
    • Emotionen: Angst, Langeweile, beziehungsbezogene Probleme…
  • Nesteldecke
  • Musik
  • Snoozele

 

Astl Gabriele, DGKP, Demenz Nurse
(Quelle: Aus den Skripten von Priv.-Doz. Dr. med. univ. Michaela Defrancesco im Rahmen meiner Ausbildung zur Demenz Nurse)

Was ist ein Delir?

Akute organisch bedingte, teilweise reversible, Funktionsstörung des Gehirns mit fluktuierenden psychiatrischen Symptomen, Aufmerksamkeitsstörung, Denkstörung sowie/oder Bewusstseinsstörung.

Beginn ist plötzlich-akut, der Verlauf fluktuierend (wiederkehrend, veränderter Schweregrad).

Aufmerksamkeitsstörungen:

  • Mühe, sich zu konzentrieren
  • Leicht ablenkbar
  • Schwierigkeiten, dem Gespräch zu folgen

Denkstörungen:

  • Das Denken ist desorganisiert, unzusammenhängend
  • Das Reden ist weitschweifig, belanglos, springt unvorhersehbar von einem Thema zum anderen
  • Gedankengang: unklar, unlogisch

Bewusstseinszustand:

  • Schreckhaft (hyperalert)
  • Lethargisch, schläfrig, aber leicht weckbar
  • Stuporös (vollständiger Aktivitätsverlust bei ansonsten wachem Bewusstseinszustand)
  • Schwer weckbar

Andere Symptome:

  • Hyperaktives Delir = Gesteigerte Psychomotorik (nesteln, zupfen)
  • Hypoaktives Delir = Verminderte Psychomotorik (häufigste Form, schwer zu erkennen)
  • Gemischtes Delir = Hyper- und Hypoaktives Delir wechselnd (häufig)
  • Schlaf-Wach-Rhythmus gestört
  • Tag-Nacht-Umkehr
  • Desorientierung
  • Halluzinationen, wahnhafte Vorstellungen (fühlt sich verfolgt, bedroht)
  • verkennt Personen/Gegenstände…
  • Affektstörungen wie z. B. Depression, Angst, Reizbarkeit…

Behandlung Delir

Suche nach auslösenden Faktoren

  • Infektionen, häufig Harnwegsinfekte
  • Schmerzen
  • Elektrolytstörungen (Laborkontrolle)
  • Schilddrüsenwerte
  • Blutzuckerkontrolle
  • Exsikkose (Flüssigkeitsmangel)
  • Harnverhalt, Obstipation
  • Polypharmazie (Nebenwirkungen, Wechselwirkungen der Medikamente überprüfen)
  • Umgebungsfaktoren (Unruhiges Umfeld, Immobilität, Lichtverhältnisse…)

Behandlung der körperlichen Ursachen

Bedürfnisse befriedigen (ein paar Beispiele)

  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
  • Toilettengang
  • Ruhe, Sicherheit vermitteln
  • Reorientierung (Brille, Hörgeräte)
  • Lichtverhältnisse verbessern
  • Ablenkung, Aktivierung
  • Mobilisation, Berührungen
  • Vertraute Anker: Angehörige, Bilder, Lieblingsmusik…

Medikamentös:

  • Besprechungen mit dem Hausarzt/der Hausärztin, Psychiater/Psychiaterin
  • Vermeiden von Medikamenten mit anticholinerger Wirkung, Psychopharmaka
  • Absetzen von Risikomedikamenten

Die nicht medikamentöse Therapie ist mindestens so wirksam wie die medikamentöse Behandlung, besonders bei einer bestehenden Demenzerkrankung!

 

Gabriele Astl, DGKP, Demenz Nurse
(Aus den Skripten von OA Dr. Renate Groß im Rahmen meiner Ausbildung zur Demenz Nurse)

Assessmentinstrumente

Sind standardisierte Schemata zur Bewertung und Einschätzung, wichtig für die Pflegediagnostik und -planung sowie auch für die Pflegegeldeinstufung. Ist im Fall einer Demenzerkrankung eine Fremdeinschätzung.

Demenz:

  • MMSE: Mini-Mental-Status-Examination (Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Sprache…)
  • Clox: Uhrentest
  • MOCA: Montreal Cognitive Assessment (visuale und exekutive Fähigkeiten, Benennen, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, abstrakte Fähigkeiten, Erinnerung, Orientierung)

Ersetzt nicht und ist nicht Demenzdiagnostik! Bei stabilem psychischem und somatischem Zustand durchführen.

Delir:

  • RISK: Interprofessionelle Risk-Checklist Delir (dient zur Vorbeugung)
  • DOS: Delirium Observation Scale (Symptombewertung bei Verdacht)
  • CAM: Confusion Assessment Method (zur Diagnosesicherung)

Schmerzen:

  • BESD: Beurteilung von Schmerzen bei Demenz: Fremdeinschätzung, orientiert sich an nonverbale Signale: Gesichtsausdruck, Atmung, Lautäußerungen…
  • ECPA: Beobachtung bei, außerhalb der Pflege, Auswirkungen auf Aktivitäten
  • Doloplus-2-Skala: somatisch, psychomotorisch und psychosozial

Sturzrisiko:

  • Esslinger-Sturzrisiko-Assessment
  • Motilitätstest nach Tinetti

Dekubitusrisiko:

  • Braden-Skala

Ernährungszustand:

  • MNA: Mini-Nutritional-Assessment
  • BMI: Body-Mass-Index

 

Gabriele Astl, DGKP, Demenz Nurse

 

Delir

Demenz (Alzheimer)

Depression

Gedächtnis

beeinträchtigt

beeinträchtigt

nicht beeinträchtigt

Orientierung

früh im Verlauf beeinträchtigt

spät im Verlauf beeinträchtigt

nicht beeinträchtigt

Schlaf-Wach-Rhythmus

sehr gestört,
oft Tag-Nacht-Umkehr

möglich, nächtliche Verwirrtheit, sundowning

frühmorgendliches Erwachen, Schlafsucht (Hypersomnie)

Halluzinationen/Wahn

häufig, früh, bedrohlich

selten, später, vertrauter Inhalt

selten, aber möglich

Psychomotorische Störung

Hyperaktivität

Hypoaktivität

spät im Verlauf, Herumwandern, Einschlafen in Gesellschaft

Hemmung oder Agitiertheit

Aufmerksamkeit

reduziert

anfangs normal

normal/ reduziert (Rückzug)

Bewusstsein

getrübt

klar

klar

Beginn

plötzlich

schleichend

allmählich

Verlauf

fluktuierend

fortschreitend, tagsüber beständiger

über Wochen, Monate

 

Gabriele Astl, DGKP, Demenz Nurse
(Aus den Skripten von OA Dr. Renate Groß im Rahmen meiner Ausbildung zur Demenz Nurse)