Zum Hauptinhalt springen

Fachlich fundierte psychosoziale Betreuung

"Haltung ist eine kleine Sache, die einen großen Unterschied macht!"

Winston Churchill

Das übergeordnete Konzept HPCPH als ganzheitliches Konzept unterstreicht und sichert erneut unsere über zwanzigjährige fachlich fundierte psychosoziale Arbeit im Wohn- und Pflegeheim Wildschönau. Ein Miteinander zwischen medizinischem, pflegerischem und psychosozialem Fachwissen garantiert ein ganzheitliches Begleiten.

In unserer psychosozialen Arbeit orientieren wir uns an wissenschaftlich fundierten Grundlagen und Thesen und an den Bedürfnissen des alten Menschen.
 

Grundlagen und Thesen, nach denen wir uns in unserer psychosozialen Arbeit orientieren:

  • Erwin Böhm: Normalitätsprinzip, Biografie, Prägung, Bewältigungsstrategien
  • Naomi Feil: Dementenbetreuung, Validation
  • Carl Rogers: klientenzentrierte Gesprächsführung, humanistische Psychologie
  • Maslow: Bedürfnispyramide
  • Hilarion Petzold: Fünf Säulen der Identität, Werte
  • Erik Erikson: Lebensaufgaben, Aufarbeitung des Lebens, Verschiedene Alterstheorien

 

Bedürfnisse

Jeder Mensch hat Bedürfnisse bis an sein Lebensende!

Gerade alten, gebrechlichen und desorientierten Menschen werden diese oft abgesprochen:

• Bedürfnis, der unerträglichen Realität Sinn zu geben, einen Platz zu finden, wo man sich wohlfühlt und wo Beziehungen familiär sind

• Bedürfnis, gebraucht zu werden und produktiv zu sein

• Bedürfnis, Gefühle auszudrücken und damit angehört zu werden

• Bedürfnis, sich geliebt und geborgen zu fühlen: Sehnsucht nach menschlichem Kontakt – das „WIR-Gefühl“

• Bedürfnis, umsorgt zu werden, sich sicher und geborgen zu fühlen und nicht unbeweglich und festgehalten zu sein

• Bedürfnis, Schmerzen und Unannehmlichkeiten zu reduzieren

• Bedürfnis, das Gleichgewicht wieder herzustellen, wenn das Augenlicht, das Gehör, die Mobilität oder das Gedächtnis schwinden

• Bedürfnis nach sensorischer Stimulation, taktilen, visuellen, auditiven, olfaktorischen, gustatorischen und auch sexuellen Ausdrucksmöglichkeiten

• In Frieden leben

• Aufarbeitung von unerledigten Aufgaben, um in Frieden sterben zu können (Feil, 2010, S. 23)

Aktivierung

Um neben den vielen kleinen Möglichkeiten im Alltag fachliches psychosoziales Wissen einfließen zu lassen, bieten wir speziell zur Förderung und Erhaltung physischer, psychischer und sozialer Fähigkeiten gezielte Aktivierungen an.

Diese speziellen Angebote werden von fachlich kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Diplom- und Fachsozialbetreuerinnen bzw. Betreuern in der Altenarbeit, Aktivierungsfachfrau) durchgeführt, die sowohl in der Betreuung als auch in der Pflege arbeiten. Mit diesem Konzept sichern wir die Wechselwirkung von Betreuung und Pflege als auch das ganzheitliche Konzept von HPCPH.

Am hausintern Monats- und Tageskalender können die jeweiligen Angebote abgelesen werden.

Angebote

  • Biographie- und heimatkundlich orientierte Gruppenarbeit
  • Sensorische Aktivierung
  • Bewegung mit Musik
  • Gedächtnistraining
  • Validation


Anna Oberwalder DSOB/A

1. Für orientierte Bewohnerinnen und Bewohner mit leichten kognitiven Einschränkungen

2. Für Bewohnerinnen und Bewohner mit mittelmäßig eingeschränkter kognitiver Leistungsfähigkeit

Ziele die auf Gruppe 1 und Gruppe 2 zutreffen:

  • Sozialisation
  • Identitätsstiftung
  • Kommunikation erhalten und fördern – verbal und nonverbal
  • Sinnesanregung
  • Grundbedürfnisse werden gedeckt wie nützlich und aktiv sein, angenommen sein, gehört und verstanden werden
  • Kennenlernen ihrer Prägung, ihrer Normen und Werte sowie ihrer Copingstrategien (= Bewältigungsstrategien)
  • Aussöhnung mit dem gelebten Leben
  • Bestätigung der Lebensleistung – Selbstwertgefühl wird gesteigert
  • Personal kann Verhalten besser verstehen
  • Personal erhält Anknüpfungspunkte für die Tagesgestaltung, Gesprächsthemen, kann Werte, Copingstrategien in den Pflegealltag einbauen usw.
  • Beziehung zwischen altem Menschen und Betreuungsperson ändert sich – die „Haltung“ ändert sich.

Taktische Übungen die für beide Gruppen zutreffen.

Die Einheiten werden immer zu einem bestimmten Thema gestaltet:
Beispiel: Waschtag früher, Schulweg, Almauftrieb, Talfest, Wahlfahrten usw.

  • Schlüsselreize werden durch verschiedenste biografische Materialen gesetzt wie Gegenstände, Bildmaterial, Kurzfilm
  • Sinnesanregungen gefördert
  • Identitätsstiftende Fragen nach den fünf Säulen nach Petzold
  • Leiblichkeit
  • Soziale Beziehungen
  • Arbeit und Leistung
  • Materielle Sicherheit
  • Werte und Ideale
  • Validation fließt ein, wenn Gefühle ausgedrückt werden
  • Eingehen auf die Grundbedürfnisse
  • Übungen mit Ball zur Förderung, wenn Energie abfällt sowie Förderung der Reaktion und Interaktion
  • Kleine Handübungen
  • Entspannung durch Kurzgeschichten oder Gedichte zum Thema passend

Übungen für Gruppe 2:

  • Neben den oben genannten Übungen wird zeitlich orientiert wie Datum, Namenstage, aktuelle Fest und Feiertage
  • Zur Förderung des Kurzzeitgedächtnisses werden Gedächtnisübungen (mündlich) zum Thema passend eingebaut.

 

Anna Oberwalder DSOB/A

Sensorische Aktivierung ("Aktivierung aller Sinne") ist ein ganzheitliches Förderkonzept für hochaltrige Menschen und Menschen mit Demenz.

Es unterstützt die Erhaltung und Wiederherstellung wichtiger Alltagskompetenzen und leistet einen wichtigen Beitrag zum langfristigen Erhalt der Lebensqualität.

Unsere Hauptziele sind:

− Die Erhaltung der Lebensqualität

− Die Erhaltung der Alltags- und Handlungskompetenz

− Lebensfreude

Petra Mayr, Aktivierungsfachfrau

Biografieorientierte Gruppenstunde mit Gymnastik und Tanz im Sitzen zur Musik aus der Heimat. Jede Einheit steht vorwiegend unter einem der Jahreszeit entsprechendem Thema.

Aufbau der Gruppeneinheiten:

  • Einleitung: Ritual (Gedicht), Begrüßung, Thema bekanntgeben (Mitte - Deko)
  • Hauptteil: Gymnastik im Sitzen, Tanz im Sitzen, singen, Musik hören, Klanggeschichten, biografieorientierter Gesprächsteil, Sinne aktivieren, A-B-C Karten, Redewendungen/ Sprichwörter ergänzen, Ballspiele usw.
  • Abschluss: Tanz im Sitzen, Gedicht

Ziele der Einheit:

  • Förderung des sozialen Verhaltens
  • Förderung der Feinmotorik
  • Alltagsbewegungen aktivieren und trainieren
  • lockern und entspannen
  • verbessern von Konzentration, Koordination und Kondition
  • Gemeinschaftserleben, Kontakte knüpfen
  • Berührungsängste abbauen
  • Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein stärken
  • Sturzprophylaxe
  • Vermittlung von Freude an der Bewegung
  • Verbesserung des gesamten Stoffwechsels
  • Verbesserung der Beweglichkeit von Gelenken
  • Verbesserung der Atmung
  • Verbesserung der Muskulatur
  • Spaß an der Bewegung und am Spiel haben
  • Gefühle können ausgedrückt werden

Eva Neuhauser DSOB/A ehem. Mitarbeiterin

Gedächtnistraining vorwiegend für Bewohnerinnen und Bewohner, die noch geistig fit sind oder eine Demenz Phase I (kommunizieren gut, sind meist orientiert) nach Feil aufweisen.

In sogenannten „Hoagaschtrunden“ wird zu passenden Themen aller Lebenslagen, der Jahreszeit oder einem aktuellen Tagesgeschehen die Hirnleistung durch gezielte Übungen erhalten und gefördert. Dadurch, dass wir die Bewohnerinnen und Bewohner gut kennen, können wir die Übungen ihrem Level anpassen und so ihre Fähigkeiten erhalten und fördern. Das kommunikative Miteinander soll im Vordergrund sein und es soll kein Übungsdruck entstehen.

Aufbau einer Gruppenstunde:

  • Einstieg: Festes Ritual (Begrüßung, Befinden, Datum…)
  • Hauptteil: Themenbezogenes Arbeiten, Sinneswahrnehmung, schriftliche Übungen (zu zweit oder gemeinsames Erarbeiten auf Flipchart), Kurze Bewegungsübungen der Feinmotorik und zur geistigen Fitness
  • Abschluss: Wertschätzung und Verabschiedung

Übungen schriftlich oder mündlich, Lückentexte, Geschichten, Rätsel, Sprichwörter, Doppelwörter, Wortketten, Wörter verbinden, Wort im Wort, etc.

Ziele des ganzheitlichen Gedächtnistrainings:

  • Aktivierung der Gehirnzellen
  • Förderung der verbalen und nonverbalen Kommunikation
  • Förderung des vernetzten Denkens
  • Erhaltung und Verbesserung des Kurzzeitgedächtnisses
  • Anregung des Hirnstoffwechsel
  • Förderung der sozialen Kontakte
  • Bessere Durchblutung des Gehirns und aller Organe
  • Stärkung des Selbstbewusstseins
  • Erhaltung der Alltagsfähigkeit

Beim ganzheitlichen Gedächtnistraining werden nicht nur die kognitiven Funktionen angesprochen, sondern auch das körperliche Wohlbefinden und die Emotionen.

Ziel ist es eine erhöhte Lebensqualität für alle Beteiligten zu erreichen. Dies gelingt durch eine Kombination von körperlichen, kognitiven, emotionalen und spielerischen Elementen das über möglichst viele Sinne von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wahrgenommen wird. Wir alle wissen, dass eine “Arbeit” die mit Freude, Spaß und Humor geleistet wird, die effektivste und wirkungsvollste Methode ist, um das Leben zu spüren und zu fühlen.

Romedia Margreiter DSOB/A ehem. Mitarbeiterin, Anna Oberwalder DSOB/A

Validieren heißt: „In den Schuhen des anderen gehen“

Der Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner in unserem Haus befindet sich vorwiegend in der beginnenden Demenz (orientiert, aber unglücklich, spürt schon die Erkrankung, daher oft nörgelnd, schimpfend, beschuldigend) und in der zweiten Phase (zeitlich und örtlich desorientiert, weiß nicht mehr wo sie/er ist und welche Jahreszeit/Uhrzeit, welchen Tag wir haben). Der oder die Betroffene kann noch sprechen, aber Handlungen meist nicht mehr verstehen.

Durch die psychosoziale Betreuung, unter anderem auch durch Validation, können wir viele Bewohnerinnen und Bewohner möglichst lange in der gleichen Phase halten, somit ihre kognitiven Fähigkeiten erhalten und den Verlauf hinauszögern.

Die vielen Verluste, die der Mensch im Alter zu bewältigen hat, sind für viele oft nicht mehr zu ertragen. Der Tod nahestehender Menschen, der eigene körperliche Abbau, der Rollen- und Identitätsverlust, der Wechsel ins Heim, der Verlust des Haustieres usw. sind nicht mehr erträglich und somit Gründe in die Demenz zu gehen.

Die oft ein Leben lang verdrängten Gefühle und nicht aufgearbeiteten Erlebnisse sind nicht mehr kontrollierbar und brechen auf. Diese Bewohnerinnen und Bewohner finden sich oft in einer sehr gestressten Situation wieder, deren Gefühle es gilt wahrzunehmen, sie für wahr und gültig zu erklären und sie dort abzuholen, wo sie gerade sind.

Für sie ist es Realität, wenn zum Beispiel eine erlebte Kriegssituation mit ihren Gräueltaten hochkommt oder für das Kleinkind zu sorgen ist, das aber unauffindbar ist oder man sich bestohlen fühlt. Oder er/sie durch den kognitiven Abbau, durch die erlebte Unsicherheit unbedingt nach Hause will und davonlaufen will. Dieser Bewohner bzw. diese Bewohnerin meint aber nicht jenes zu Hause wo er/sie gewohnt hat, sondern das Daheimgefühl, die Geborgenheit und Sicherheit, die er/sie bei seiner Mutter erlebt hat.

Jeder von uns kann sich in diese Situation hineinversetzen und kann sich den Stress und die Panik vorstellen, den die Bewohnerin bzw. der Bewohner gerade real durchlebt und sich dementsprechend extrem äußert und verhält. Was nicht nur für die Betroffenen oft schwer zu ertragen ist, sondern auch für die Mitbewohnerinnen und Mitbewohner und uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine psychische Belastung darstellt und die Arbeit sehr herausfordernd macht.

Für die Bewohnerin oder den Bewohner ist es Realität und sie/er ist davon nicht abzubringen. In solchen Krisensituationen hilft kein Realitätsorientierungstraining. Hier kann man nur nach wissenschaftlich fundierten Prinzipien, einer validierenden (empathischen) Haltung und mit der entsprechenden Validationstechniken arbeiten, um den massiven und belastenden Stress entgegenzuwirken.
 

„Eine ignorierte Katze wird zum Tiger“ psychoanalytische Psychologie (Freud, Jung etc.)

Schmerzhafte Gefühle, die ausgedrückt, akzeptiert und von einer vertrauensvollen Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter validiert werden, werden schwächer. (Feil, 2010, S. 18)

Schmerzliche Gefühle (und die haben leider viele der uns anvertrauten Personen), die man nicht wahrnimmt, schönredet, ignoriert oder unterdrückt, werden stärker. Sie münden sehr oft in herausforderndem Verhalten und psychischen Problemen wie Aggression (verbal und nonverbal, Unruhe, Davonlaufen, Gewalt) oder Depression (Rückzug, Weinerlichkeit) - was wiederum eine Mehrbelastung im Pflegealltag bedeutet.

Gezielte, regelmäßig stattfindende Einzelvalidationen und Gruppenvalidationen von speziell dafür ausgebildeten Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuern wirken präventiv, sodass der aufbauende Stress und die hochkommenden Gefühle sich schon am Beginn abfangen lassen.

Durch mehrere Jahre Erfahrung mit Einzelvalidation in unserem Haus können wir die positive Wirkung feststellen. Es werden weniger Psychopharmaka verwendet und die Bewohnerinnen und Bewohner lassen sich trotz Krankheitsbild in der Wohngruppe im Haus gut integrieren. Das Leben kann gut aufgearbeitet werden und ein gutes Zu-Ende-leben wird möglich.
 

Gruppenvalidation

„Wir sollten unsere Gefühle nicht im Regen stehen lassen. Sie gehören überdacht.“ Ernst Ferstl

Durch das Angebot einer Gruppenvalidation können mehrere Bewohnerinnen und Bewohner in einem bereits sehr fortgeschrittenen Stadium gleichzeitig validiert werden, es verfolgt aber auch noch weitere Ziele:

  • Bei Validation in der Gruppe entstehen bei den Bewohnerinnen und Bewohnern Vertrauen, Sicherheit, ein Gehörtwerden, Bestätigung, Wertschätzung, Lob und Anerkennung für die Lebensleistung.
  • Sozialisation trotz hoher kognitiver Verluste.
  • Soziale Rollen können gelebt werden.
  • Selbstwertgefühl wird gesteigert, Gefühle, Bedürfnisse und Werte werden besser wahrgenommen.
  • Die Bewohnerinnen und Bewohner fühlen sich wohler und sind zufriedener, sie sind orientierter, Fähigkeiten werden erhalten.
  • Diese Atmosphäre ist geprägt von gegenseitigem Wertschätzen und von einem Zusammengehörigkeitsgefühl, einem Miteinander in Freud und Leid.
  • Wenn Bewohnerinnen und Bewohner stressfreier und gestärkter aus der Gruppe gehen, wirkt sich das positiv auf Mitarbeiterinnen und Miterbeiter aus (weniger Krankenstände).
  • Angehörige haben ein gutes Gefühl, dass ihre Lieben gut betreut sind.
     

Klientenzentriertes Gespräch

Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass auch orientierte Personen in Stresssituationen wie zum Beispiel beim Heimeinzug oder bei sonstigen emotionalen Krisen sehr positiv auf eine klientenzentrierte Gesprächsführung (C. Roger) reagieren. Um schmerzliche Gefühle loszuwerden, hilft ein achtsames und aktives Zuhören, eine empathische Haltung und Wertschätzung. Dies erleichtert ihnen mit den Krisensituationen fertig zu werden.

Anna Oberwalder DSOB/A